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Hildegard von Bingen (1098 - 1179)

Die bedeutende deutsche Mystikerin war ein wahres Universaltalent: Als Äbtissin eines großes Benedektinerklosters bei Bingen setzte sie sich für die Reform des kirchlichen Lebens in Deutschland ein. Die vielen visionären Schauungen, die Hildegard von Bingen seit früher Kindheit erfuhr, notierte sie in Gedichten und prophetisch gehaltenen Schriften. Sie komponierte über 70 Lieder und ein Singspiel.

Intensiv befasste sie sich mit der Volksheilkunde, sammelte und veröffentlichte über 500 Rezepte und entwickelte ein eigenes System der Ernährung und Heilkunde.

"Trage Vorsorge für deinen Garten, den Gottes Gabe gepflanzt, und sei auf der Hut, dass seine Gewürzkräuter nicht verdorren. Schneide vielmehr das Faule von ihnen ab, wirf es weg – denn es erstickt das Wachstum – und bringe es so zum Blühen."

Hildegard von Bingen (1098 - 1179), deutsche Mystikerin, Äbtissin und Naturwissenschaftlerin, katholische Heilige

Die Hildegard-Medizin

Hildegard von Bingen sammelte und veröffentlichte mehrere hundert Rezepte zur Behandlung Kranker. Es ist nicht überliefert in wieweit sie selbst behandelte, doch die Angaben über Herstellung und Anwendung, Dosis und Wechselwirkung legt nahe, dass sie über ein fundiertes praktisches Wissen verfügte.

Nichtsdestotrotz ist anzunehmen, dass Hildegard von Bingen auch die in ihren visionären Schauungen empfangene Weisungen niederschrieb. Dies führte zu einer kontroversen Bewertung der Hildegard Medizin: Während Anhänger die Rezepte und Empfehlungen als gottgegeben betrachten, werfen die Kritiker ihr mangelnde Wissenschaftlichkeit vor.
Nach Hildegard von Bingen entsteht Krankheit in vier Bereichen: dem göttlichen, kosmischen, körperlichen und seelischen Bereich. Entsprechend kann sich auch Heilung als ganzheitlicher Prozess nur dann vollziehen, wenn Ungleichgewichte in diesen vier Bereichen behoben werden.

Ein ausgeglichener Lebensstil, eine ausgewogene Ernährung sind – so Hildegard von Bingen – die besten Vorbeugungsmaßnahmen. Dabei kommt der Nahrungszubereitung ein besonderer Stellenwert zu. Sie empfiehlt die Speisen weder zu roh noch zu fett zu sich zu nehmen. Bei der Ernährung sollten zudem stets der individuelle Gesundheitszustand, die Konstitution, aber auch äußere Umstände wie die Tages- oder Jahreszeiten berücksichtigt werden. Die Empfehlungen der Hildegard-Ernährung raten gedünstete oder gekochte Gemüse an, täglich Getreidebrei aus Dinkel wie auch den häufigen Genuss von Esskastanien. Als bevorzugtes Getränk gilt Fencheltee. Bei allen Magen-Darm, Haut- und Stoffwechselerkrankungen, bei Rheuma und Gicht und chronisch entzündlichen Erkrankungen, Geschwulsterkrankungen, Nervenleiden, Arzeneimittelschäden und Allergien wird eine fett- und zuckerarme Dinkeldiät empfohlen. Von Lauch, Chicoree, Pfirsichen, Erdbeeren und Pflaumen rät die Hildegard-Medizin prinzipiell ab.

Die genannten Ernährungsvorschriften stellen nur einen Aspekt der Hildegard-Medizin dar: Daneben werden Ausleitungsverfahren eingesetzt, wie z.B. Aderlass, das Schröpfen, oder Abbrennen von getrockneten Kräutern über der Haut (wie es übrigens seit Jahrhunderten in China üblich war), des Weiteren das Fasten, insbesondere zur innerlichen Reinigung. Schließlich verfügt die Hildegard-Medizin über eigene Heilmittel, die aus Pflanzen, Tieren, Metallen und (Edel-) Steinen gewonnen und in Form von Elixieren, Tabletten, Badezusätzen, Ölen, Pulvern, Packungen, Keksen und Weinen verabreicht werden.